Turkesteron: Aktuelle Studie stellt Muskel-Booster infrage
Turkesteron gilt als natürlicher „Muskel-Booster“ mit Versprechen wie mehr Kraft, Muskelzuwächsen und schnellerer Regeneration – ganz ohne Nebenwirkungen. Doch eine aktuelle Studie deutet darauf hin, dass der pflanzliche Wirkstoff nicht alle Erwartungen erfüllt, die häufig damit in Verbindung gebracht werden. Was steckt wirklich dahinter? Ich werfe einen faktenbasierten Blick auf die verfügbaren Daten und auch auf die Schwächen der Studie.
Was ist Turkesteron und was wird versprochen?
Turkesteron ist ein Ecdysteroid, das hauptsächlich aus der Pflanze Ajuga turkestanica gewonnen wird. Ecdysteroide sind Hormone, die in Insekten für die Häutung und in Pflanzen für den Schutz vor Fressfeinden eine Rolle spielen. In der Fitnessbranche wird häufig spekuliert, dass diese Stoffe bei Menschen an den gleichen Rezeptoren andocken wie anabole Steroide und so das Muskelwachstum fördern können.
Die gängigen Werbeaussagen lauten:
- Muskelaufbau: Beschleunigtes Wachstum der Muskulatur.
- Fettabbau: Unterstützung beim Erreichen eines definierten Körpers.
- Regeneration: Schnellere Erholung nach dem Training.
- Hormonunabhängig: Keine Beeinflussung des Testosteronspiegels, wodurch Nebenwirkungen wie Haarausfall oder Akne vermieden werden.
Die Studie im Fokus
Eine aktuelle, doppelblinde, placebokontrollierte Studie von Antonio et al. (2024), veröffentlicht in Research Directs in Health Sciences, [1] untersucht genau diese Behauptungen. Die Studie umfasste 31 gesunde Männer und Frauen, die entweder 500 mg Turkesteron oder ein Placebo über vier Wochen einnahmen. Die Körperzusammensetzung der Teilnehmer wurde zu Beginn und am Ende des Experiments gemessen, um Veränderungen in Muskelmasse und Fettanteil zu erfassen.
Ernüchternde Ergebnisse
Four weeks of supplementation with 500 mg of turkesterone did not affect body composition in active, healthy males and females
Die Ergebnisse der Studie waren eindeutig: Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen der Turkesteron- und der Placebo-Gruppe. Weder Muskelmasse noch Körperfettanteil oder fettfreie Masse zeigten nach vier Wochen Supplementierung mit Turkesteron messbare Veränderungen.
Das bedeutet: Die versprochenen Wirkungen wie gesteigerter Muskelaufbau oder Fettabbau konnten unter den getesteten Bedingungen in dieser Untersuchung nicht nachgewiesen werden.
Anmerkung: In der Studie wird die Einnahme von 500 mg Turkesteron [Ajuga Extract] beschrieben. Sie geht allerdings nicht darauf ein, ob die entsprechende Menge Ajuga Extract verabreicht wurde, um auf 500 mg reines Turkesteron zu kommen. Turkesteron liegt in Ajuga-Extrakt nur in Mengen von etwa 10 % vor. Dies könnte bedeuten, dass die tatsächliche Turkesteron-Dosis in der Studie bei etwa 50 mg lag, was deutlich geringer wäre als die Dosierungen, die in der Praxis häufig verwendet werden.
Auswirkungen: Sollte diese Annahme zutreffen, könnte die fehlende Wirkung auf eine zu niedrige Dosierung zurückzuführen sein.
Was bedeutet das für Sportler?
Die neuen Erkenntnisse werfen ein differenziertes Licht auf den Hype um Turkesteron. Während die Theorie hinter Ecdysteroiden vielversprechend erscheint, zeigen die bisherigen Studien, einschließlich der hier besprochenen, keine überzeugenden Vorteile für die Anwendung in der Praxis. Folgende Punkte sollten Sportler berücksichtigen:
- Versprechen vs. Realität: Viele der behaupteten Wirkungen basieren auf Tierstudien oder experimentellen Laborergebnissen. Der Übertrag auf den Menschen ist nicht ausreichend durch hochwertige Studien gestützt.
- Individuelle Unterschiede: Nahrungsergänzungsmittel können bei einzelnen Personen unterschiedlich wirken. Es ist nicht auszuschließen, dass Turkesteron unter bestimmten Umständen positive Effekte zeigt, doch hierzu fehlen belastbare wissenschaftliche Belege.
- Mangelnde Studienlage: Die bisherigen Untersuchungen weisen methodische Einschränkungen auf, wie beispielsweise Unsicherheiten bei der genauen Dosierung. Es sind mehr hochwertige, kontrollierte Studien erforderlich, um die tatsächliche Wirkung von Turkesteron zu bewerten.
- Kosten-Nutzen-Verhältnis: Mit einem Preis von oft 40 Euro oder mehr pro Monat sollten Sportler hinterfragen, ob sie ihr Geld nicht besser in bewährte und gut untersuchte Supplements wie Creatin oder ein hochwertiges Whey Protein investieren.
Die Quintessenz
Die vorliegende Studie deutet darauf hin, dass Turkesteron – zumindest in der untersuchten Dosierung und Zeitspanne – keine der beworbenen Effekte liefert. Allerdings könnte die tatsächliche Dosierung von Turkesteron in der Studie zu gering gewesen sein, was die Ergebnisse beeinflussen könnte.
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Forschung zu Turkesteron abgeschlossen ist. Es sind längere Studien mit präzisen Dosierungen und größeren Probandengruppen erforderlich, um die Wirksamkeit von Turkesteron endgültig zu bewerten.
Bis dahin sollten Sportler bei der Einnahme von Turkesteron realistische Erwartungen haben und sich auf bewährte Ansätze konzentrieren: ein durchdachter Trainingsplan, ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und gut untersuchte Supplements, deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist.
Quellen
- [1] A Preliminary Investigation of Turkesterone: It’s Not Deca: Direct Original Research. (2024). Research in Health and Medicine, 4(1). https://doi.org/10.53520/rdhs2024.104126
Ich liebe und betreibe seit 1996 Sport, trainiere heute noch mindestens drei mal pro Woche im Bereich Kraftsport. Außerdem war ich mehr als 10 Jahre für einen Hersteller von Sportnahrung tätig und bin deshalb tief im Markt verankert. Ich bringe sowohl hinsichtlich Sport, Nahrungsergänzungsmittel, als auch in der redaktionellen Arbeit Know-how mit und kann dich bezüglich wichtiger Fragen rund um diese Themen beraten.
Redaktioneller Hinweis: Wir haben am zum ersten mal über »Turkesteron: Aktuelle Studie stellt Muskel-Booster infrage« berichtet und den Artikel inhaltlich zuletzt am 07. Januar 2025 überarbeitet.
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